Altenstädt und seine Geschichte: Der Hof Döring - eine zentrale Stelle in Altenstädt
Dies gilt sowohl örtlich als auch geschichtlich. Der lange Zeit größte Hof (könnte man auch als Gutshof bezeichnen) in Altenstädt stand dort, wo heute der Dorfplatz ist. Nur das Wohnhaus steht noch. Der letzte Eigentümer war Walter Döring, der ohne Kinder verstarb und am 19.1.1962 beerdigt wurde.
Hier soll über den Hof und seinen letzten Eigentümer, Walter Döring, berichtet werden. Über ihn gibt es viele Geschichten! Bitte mitmachen und dem Webmaster Bernd Ritter Geschichten und Hintergründer erzählen oder schreiben und Fotos zur Verfügung stellen.
Foto: Walter Döring, wohl in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts.
Einleitung und Erinnerungen von Fritz Ritter (Jahrgang 1929):
Der Döring’sche Gutshof umfasste ca. 350 Acker/ Morgen (ca. 90 ha) Land in der Altenstädter Gemarkung sowie Wald und war ein wichtiger Arbeitgeber für Altenstädt in dieser landwirtschaftlich geprägten Zeit. Walter Döring bewirtschaftete aber nur noch ca. 30 Acker bis 1947, danach waren die kompletten Ländereien verpachtet. Aufgrund eine Testaments oder einer Verfügung durfte Walter Döring kein Land verkaufen, so dass alles bis zu seinem Tod in seinem Eigentum blieb. Nachfahren hatte der Junggeselle nicht, lediglich eine Schwester Emile, die als verheiratete Waßmuth in Rothenditmold als Gutsbesitzerin ebenfalls kinderlos blieb. So starb diese Linie mit Walter Döring schließlich 1962 aus, das Erbe wurde auf viele Verwandte aufgeteilt. Bis dahin beherbergte das Wohnhaus auch Mieter, Ausgebombte und Flüchtlinge. Das Anwesen in der Dorfmitte erwarb die Gemeinde, die Wirtschaftsgebäude wurden in den 60er Jahren komplett abgerissen bis auf das Wohnhaus, das als Gemeinde- und Mietshaus bis in die 80er Jahre fungierte, dann von der Stadt aber verkauft wurde. Der Hof wurde zum heutigen Dorfplatz mit Backhaus, Technikaus und Bushaltestelle umgestaltet. Ein Teil seiner Wiesen befand sich unterhalb der Hardt, dem späteren Baugebiet “An der Hardt”, das fast komplett zu Dörings gehörte.
Walter Döring war ein gebildeter Akademiker, hatte Landwirtschaft studiert (siehe Stempel unten). Allerdings war er in der Theorie wesentlich “stärker” als in der Praxis. So hatte er bereits in den 40er Jahren Mais angebaut, eine Nutzpflanze, die zu dieser Zeit hier niemand kannte, heute aber zum ganz normalen Bild der Kulturlandschaft gehört. Aber der Anbau ging daneben, die Züchtungen waren wohl noch nicht so weit. Im Alltag war er von vielen bediensteten abhängig. Man sagte, dass es nach dem Weggang seines Knechts Hans Siebert - mit dem er sich wohl verkracht hatte - “bergab” ging. Neben einer Haushälterin hatte er noch weitere Bedienstete. Walter D. hatte einen Bernhardiner Hund, mit dem er tolz spazieren ging. Der Hund bekam sogar extra Pfannkuchen gereicht. Am Ende hatte Walter D. noch 3 Pferde, 2 Kühe, 1 Rind und etliche Schweine. Die Pferde waren 1947 bereits teilweise über 30 Jahre alt. Fritz Ritter - zu dieser Zeit als Metzger in Oberelsungen bei Rittbergs (ein Verwandter von Alter Döring) angestellt - sollte die Pferde zu ihrem letzten Gang abholen. Walter D. sagte ihm, es dauere noch 1-2 Stunden. In dieser Zeit säuberte er die Pferde gründlich und schwärzte die Hufe schwarz als ginge es auf einen Sonntagsspaziergang. Dann schaute er den Tieren hinterher, bis er sie nicht mehr sehen konnte. Den Scheck für die Pferde fand man noch nach seinem Tod - er hatte ihn niemals eingelöst. Man sagte Walter Döring nach, er sei eine gute Seele gewesen, so “gut”, dass er als Gläubiger auf die ein oder andere Pacht verzichtete und auch sonst im Rahmen seiner Möglichkeiten sehr großzügig war. Leider starb er am Ende an einen Krankheit, auch der Alkohol hatte ihm zu schaffen gemacht. Mit ihm starb eine Linie Döring aus und auch ein zentraler Hof, dessen Besitz sich auf viele Altenstädter aufteilte.
Erinnerungen von Rüdiger Löber (Jahrgang 53):
Dass wir Kinder Ende der 50er Jahre bei Walter Döring zum Singen gingen und reich belohnt wurden, kann man ja unter "Schule und Lehrer" nachlesen. Als Kinder bestaunten wir noch die alte Döringsche Grabstätte mit wuchtiger Grabtafel und einer Einfriedung mit Steinpfosten und schwerer Eisenkette, die dann nach Walters Tod durch den Findling ersetzt wurde. Da die Scheunen stets offen waren, waren sie ein Tummelplatz für diverse Spiele der Kinder; manchmal auch solch mit erotischem Charakter (es werden hier natürlich keine Namen genannt). Erwähnt sei noch, dass Opa Seeger (Zur Pforte 3; das Haus gehörte zu Dörings Hof) sich um Walter in den letzten Jahren kümmerte. Altenstädts einzige Kriegsruine war Dörings Feldscheune. Heute steht dort der Hardthof. Es standen nur noch die massigen Außenmauern aus Feldstein mit 3 Toren. Es wurde erzählt, dass die amerikanischen Soldaten sie bei der Einnahme Altenstädts in 1945 in Brand schossen, weil sie darin versteckte deutsche Soldaten vermuteten (ältere Altenstädter wissen darüber aber wohl genaueres). Nun noch einiges, was unser Vater uns von Walter erzählte: Er hatte in den 30er Jahren viel mit ihm zu tun, da er mit seinem Ford Taxifahrten machte. So waren sie zum Beispiel auf einer ausgedehnten Bayerntour, die wir später im Fotoalbum nachvollziehen konnten; z.B. Neuschwanstein und München; da auch das "Braune Haus" (die Bildunterschrift war noch da, das Foto aber herausgerissen, wohl aus Angst vor Entnazifizierungsnachforschungen). Vater stellte sein Auto in Dörings Schuppen ab, was keine Miete kostete, daher wollte Vater auch nicht jede kleine Fahrt bezahlt bekommen; da Walter dieses aber nicht akzeptierte, legte er nach jeder Fahrt Geldscheine auf den Beifahrersitz. Walter war aufgeschlossen und belesen; so sagte er, er habe die Bibel zwei Mal ganz durchgelesen. Dazu war er Gefühlsmensch: es wurde gesagt, dass er morgens, bevor die Pferde auf die Felder mussten, jedem Pferd einen Kuss gab. (2010)
Ende 60er Jahre fanden die Gemeinderatssitzungen im Döringschen Haus statt, im Paterre links. Die Mitglieder des Gemeinderats und Bürgermeister Heinrich Klapp saßen um einen grossen Tisch. Daneben stand ein kleiner Tisch mit ca. 6 Stühlen für Besucher. Unter anderen mit dabei Bernds Opa Martin Ritter (dem ich auch sehr gerne bei Maurerarbeiten half). Nun gabs einen, der das Pfeiferauchen nicht lassen wollte und so war die ganze Stube alsbald vollgequalmt, wogegen dann schon manchmal etwas Protest laut wurde, was den Betreffenden aber wenig störte. Nun gabs da auch Klaus Raabe, der aus Naumburg zugezogen war. Er arbeitete sehr engagiert mit, blieb immer verbindlich und was passierte ihm da: da ging es dann eimal einem Alteingesessenen doch zu weit und er sagte zu Klaus: "Wass hosst du Nummburjer inns dann z´ saachen?" (2011)
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